ALVIN

 
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Frauen, die befehlen
 
paul
14.11.01
Julika fummelte ungeschickt mit ihrem Besteck herum, um das Handy nicht von der Tischkante zu stossen, sondern nur in den Schatten ihres Ärmels verschwinden zu lassen. "Sie sind herzlich willkommen!", prustete sie fast übernatürlich laut, fasste sich aber gleich wieder, moderat "bitte", nachschiebend.
Er sah mitgenommen aus, der Kleine, eigentlich ein echter Losertyp, wie sie sie von Würstchenbudenstories oder Erlebnisberichten von eingeklemmten Fingern in Bustüren her kannte. Es war klar, dass sie in seinem Leben keine Sensation finden würde, bestenfalls eine Peinlichkeit aus der Schulzeit, aber sonst nichts. Und alleine seine Millionen machten auch noch keine Story aus ihm.
Sie hörte, wie er die üblichen Ungeschicktheiten zum besten gab und lächelte tapfer mit. Wenn es jemand in diesem leeren Raum gab, der einen Aufhänger bieten könnte, dann war sie es. Einziges Problem: Wie brachte sie diesen Typen mit ins Spiel? Ein Blick rund ums Jägerstübchen liess sie ratlos werden. Hier waren sie am Ende der Welt. Erst die Reitutensilien an der Wand und das schamvoll verdeckte Taschenbuch neben ihm liessen sie auf eine äusserst verlockende Idee kommen.
Ihre Zimmer lagen nebeneinander, wobei sie glücklicherweise die 13 hatte, die bald nach dem kurzen "Tschüs" Grund für ein erneutes Klopfen war. "Ich kann unmöglich. Meine Tante kam in einem Zug um, der 13 Mal anhielt, bevor ihr Dackel sie mit einer Salmonellenpastete infizierte. Und meine Hausratsversicherung hat an 13. Position eine antike Wandlampe vermerkt, die prompt nie geklaut wurde. Und mein Onkel sammelte alte Sturmgewehre, bis er sich mit dem 13. das Ohrläppchen wegschoss."
Alvin starrte auf das straff gespannte Negligee vor seinen Augen und verlor etwas den Faden aufgrund der vielen Zahlen, die im Spiel waren. Er sah vor allem eine dicke Zwei vor sich und bat sie natürlich herein in seine harmlose Nummer 12.
"13 Ohrläppchen", stammelte er noch vor sich hin, als Julika bereits den Schlüssel hinter sich gedreht hatte und ein langes Seil und die eben geklaute Reitpeitsche aus der Tasche zog.
"Ich irre mich doch nicht, dass du das magst, oder", fischte sie keck nach seinen Lüsten, die er ungeschickt mit dem Taschenbuch mit schwarzem Einband preisgegeben hatte.
"Ich..."
"Genau. Und zwar nackt. Jetzt."
Alvin gluckste verstört und wollte etwas erklären zum Taschenbuch mit dem anzüglichen Titel "Frauen, die befehlen", doch Julika hatte es sich bereits vom Nachttisch gefischt und triumphierend zu sich genommen. Ein genauerer Blick aber liess sie erstarren.
"Scheisse", zischte sie durch die angespannten Lippen, "ein Managementbuch".

 
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